Indiens Weg zum Hindu-Staat

Modis Politik und die Unterdrückung der Muslime

Indien, die größte Demokratie der Welt, erlebt unter Premierminister Narendra Modi einen tiefgreifenden Wandel. Während das Land international als globaler Akteur gefeiert wird, sieht sich die muslimische Minderheit zunehmender Unterdrückung ausgesetzt.

Am 5. August 2020 weihte Modi einen neuen Hindu-Tempel im nordindischen Ayodhya ein, dem angeblichen Geburtsort des Gottes Ram. Dieses Ereignis war nicht nur religiös, sondern auch politisch von großer Bedeutung. Modi legte sich flach auf den Boden vor einer Steinstatue des Gottes Ram und huldigte diesem. Die Bilder wurden weltweit ausgestrahlt, sogar live auf dem Times Square in New York.

“Dies ist der Beginn einer neuen Ära für Indien,” erklärte Modi zur Eröffnung des Tempels.

Der Tempel wurde auf den Trümmern einer Moschee errichtet, die 1992 von militanten Hindus ruiniert worden war. Die Zerstörung der Babri-Moschee führte zu landesweiten Protesten, bei denen etwa 2000 Menschen, überwiegend Muslime, starben.

Die Eröffnung des Tempels diente als Fundament für Modis Wahlkampf, bei dem er eine fast sakrale Rolle einnahm. “Jai Shree Ram!” riefen Passagiere im Chor, als ihr Flugzeug in Ayodhya landete, um den neuen Tempel zu besuchen. Viele trugen das Sanskrit-Wort für Ram auf der Stirn.

„Es war wunderschön, hypnotisierend“, sagte Poonam Joshi aus Delhi über ihren Besuch.

Unter Modis hinduistisch-nationalistischer Regierung hat die Gewalt gegen Muslime zugenommen. Laut der Forschungsgruppe India Hate Lab nahm antimuslimische Hassrede in der zweiten Jahreshälfte 2023 um 62 Prozent zu. 75 Prozent dieser Vorfälle fanden in BJP-regierten Bundesstaaten statt. Amnesty International berichtet, dass indische Behörden rechtswidrig Häuser, Geschäfte und Gebetsstätten von Muslimen zerstörten.

In Ayodhya zeigt sich dies deutlich. Um die Straßen zum Tempel zu erweitern, werden Häuser abgerissen, oft die von Muslimen. Diese erhalten zwar finanzielle Entschädigung, aber kein neues Land, kritisiert Mohammad Azam Qadri, ein muslimischer Aktivist.

„Die Muslime sollen aus Ayodhya verdrängt werden,“ sagt er.

Die Modi-Regierung streitet jede Benachteiligung von Muslimen ab und betont, ihre Politik komme allen Indern zugute. Doch bei Wahlkampfveranstaltungen bezeichnete Modi Muslime als „Eindringlinge“, die Indiens Reichtum stehlen würden. Mallikarjun Kharge, Vorsitzender der oppositionellen Kongresspartei, nannte diese Äußerungen „Hassrede“.

Seit Modis Amtsantritt 2014 haben Indiens 200 Millionen Muslime, die 15 Prozent der Bevölkerung stellen, weniger politische Macht. Nur einer der 430 Kandidaten der BJP bei der aktuellen Wahl ist Muslim. Modi nutzt den Hindu-Nationalismus, um Politik und Religion zu verschmelzen und ein Bild zivilisatorischer Reinheit zu zeichnen, das durch Muslime und Briten beschmutzt wurde.

In Ayodhya sind Sicherheitskräfte mit Maschinenpistolen allgegenwärtig, auch in überwiegend muslimischen Gegenden. Die Regierung will verhindern, dass sich die Gewalt zwischen Hindus und Muslimen wiederholt. Doch viele Muslime haben resigniert.

„Wir wollen die Vergangenheit ruhen lassen,“ sagt Aasif Muhammad Syed, dessen Haus 1992 niedergebrannt wurde.

Gegen den Tempel habe er nichts, aber die neue Moschee, die als Entschädigung versprochen wurde, sei zu weit weg und der Bau habe noch nicht begonnen.

Indien steht an einem Scheideweg, und Modis Politik bestimmt die Richtung. Die internationale Gemeinschaft schaut genau hin, doch die Realität für viele Muslime bleibt düster.

 

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