Professor Bülent Uçar plädiert leidenschaftlich für mehr islamischen Religionsunterricht in deutschen Schulen, um die Integration zu fördern und Radikalisierung entgegenzuwirken.
Deutschland steht vor einer Herausforderung in Bezug auf die Integration von muslimischen Schülern und Schülerinnen. Trotz einer beeindruckenden Karriere und seinem umfangreichen Fachwissen sieht Professor Bülent Uçar ein Problem, das dringend angegangen werden muss. Der 46-jährige Theologe, der nicht nur Jura studiert, sondern auch in Islamwissenschaften promoviert hat und bereits verschiedene Positionen in Bildung und Beratung innehatte, macht sich für mehr islamischen Religionsunterricht in deutschen Schulen stark.
Die derzeitige Situation ist bedenklich: Bundesweit gibt es nur 69.000 muslimische Schülerinnen und Schüler, obwohl es in Deutschland 1,5 Millionen Muslime gibt. Uçar betont, dass zwar die Wahlfreiheit bestehe, aber die meisten muslimischen Schülerinnen und Schüler von dieser Freiheit nicht profitieren können, da es kaum Lehrkräfte gibt, die islamischen Religionsunterricht anbieten können.
Professor Uçar ist nicht nur Direktor des Instituts für Islamische Theologie an der Universität Osnabrück, sondern auch Wissenschaftlicher Direktor des Islamkollegs Deutschland. Letzteres bietet eine praxisorientierte Aus- und Weiterbildung für deutschsprachige religiöse Fachkräfte an, die in Moscheegemeinden tätig sind, von Imamen bis zu Seelsorgerinnen.
Uçar betont seine Motivation, Brücken zwischen verschiedenen Kulturen und Religionen zu bauen, um die demokratische Grundordnung zu stärken und radikalen Tendenzen entgegenzuwirken. Er ist sich bewusst, dass wir in einer Zeit wachsender Extremismen leben und betont die Wichtigkeit, Gemeinsamkeiten zu betonen, ohne die Unterschiede zu negieren. Er ist optimistisch, dass positive Veränderungen möglich sind, auch wenn es nicht immer einfach ist.
Obwohl die Anzahl der Nichtreligiösen in der Gesellschaft zunimmt und der schulische Religionsunterricht als weniger relevant angesehen wird, ist Uçar überzeugt, dass er nach wie vor eine wichtige Rolle spielt. Dies liegt nicht nur an seiner Verankerung im Grundgesetz, sondern auch daran, dass religiöse Bildung dazu beitragen kann, dass junge Menschen religiöse Inhalte besser verstehen und sich nicht anfragwürdigen Quellen im Internet zuwenden, was potenziell zur Radikalisierung führen könnte.
Uçar ist sich bewusst, dass er von verschiedenen Seiten kritisiert wird. Islamfeinde werfen ihm vor, zu islamfreundlich zu sein, während Hardcore-Gläubige ihn der Aufweichung ihrer Lehre verdächtigen. Doch als Wissenschaftler sieht er es als seine Verantwortung an, Beratung und Bildung anzubieten, anstatt sich hinter Büchern zu verstecken.
Die Hauptkritik von Uçar richtet sich jedoch an die Politik. Er bemängelt, dass sie den islamischen Religionsunterricht an Schulen nicht ausreichend fördert, was zu einer unsicheren Zukunft für seine Absolventen führt. Hier fordert er ein Umdenken und eine verstärkte Unterstützung, um eine Brücke für eine bessere Integration und Prävention von Radikalisierung zu schaffen.