Schamanen, Hexen und Neuheiden in Deutschland
Der Dokumentarfilm “Schamanen, Hexen, neue Heiden: Die Rückkehr der alten Götter” von Alexander Bartsch und Peter Podjavorsek beleuchtet die neuheidnische Szene in Deutschland. Diese Gemeinschaft ruft alte Götter an und praktiziert Rituale, die Außenstehenden befremdlich erscheinen können. Doch hinter diesen Praktiken steckt eine tiefere Weltanschauung.
Der bekannte Schamane Voenix, bürgerlich Thomas Vömel, ist ein zentraler Protagonist der Szene. Er reist durch ganz Deutschland und tritt bei Veranstaltungen wie dem Wolfszeit-Metalfestival in Leipzig auf. Mit seinem YouTube-Kanal “Heiden-TV” erreicht er 12.000 Abonnenten. Voenix beschreibt seine Mission als eine Rückbesinnung auf alte Traditionen und die Natur, wie sie vor der Christianisierung existierten.
“Man darf individuell sein. Man muss sich nicht den Regeln einer monotheistischen Religion unterordnen,” sagt Voenix.
Traditionen und Natur im Fokus
Voenix kritisiert die moderne Gesellschaft und das Christentum gleichermaßen. Er betont die Bedeutung der Natur, die viele Menschen nur noch bei Wochenend-Events erleben.
“Die Natur ist die Grundlage unseres Lebens,” sagt er.
Voenix will die Verbindung zur Natur und zu den “Geistern und Elementarwesen” wiederherstellen.
Rudolf Simek, ein Philologe und Experte für germanische Religion und Mythologie, erklärt, dass wenig von den ursprünglichen Kulten überliefert sei.
“Was wir über die Religion der Germanen der Frühzeit wissen, ist herzlich wenig,” sagt Simek.
Die ersten Überlieferungen stammen von römischen und christlichen Quellen, die die Germanen als Ungläubige darstellten.
Neuheiden: Rechter Esoteriker oder harmlose Spiritualität?
Die neuheidnische Szene besteht aus vielen kleinen Gruppen, die ihre eigene Vorstellung vom Heidentum leben. Die Literaturwissenschaftlerin Stefanie von Schnurbein hat die Ursprünge und Facetten des modernen Heidentums erforscht. Sie erklärt, dass sich viele neue Heiden seit den 1990er Jahren intensiv mit der Vergangenheit auseinandersetzen und sich von rechten Tendenzen abgrenzen. Voenix geriet 2018 in Kritik, als er auf “Heiden-TV” eine Filmreihe über das Hakenkreuz veröffentlichte.
Gudrun Pannier, alias Sinmara, ist eine moderne Hexe und bevorzugt den Begriff Paganismus. Sie will die Assoziation mit dem rechts-völkischen Gedankengut vermeiden.
“Heiden sind nicht die ohne Gott, sondern die mit den vielen Göttern,” sagt sie.
Sinmara praktiziert ihren Paganismus “mit beiden Füßen in der modernen Welt” und engagiert sich für die Anerkennung der Heiden als Religionsgemeinschaft.
Junge Generation im Eldaring
Der Eldaring ist mit rund 400 Mitgliedern der größte germanisch-heidnische Verein in Deutschland. Luna Schmeing, das jüngste Mitglied, lebt mit ihrer Familie im katholischen Münsterland. Sie bezeichnet sich als germanische Heidin und schätzt die Offenheit und Diversität der Gruppe.
“Ich habe eine schwere Zeit hinter mir, ich wurde in der Schule gemobbt. Da habe ich das erste Mal gemerkt: ‘Ja, ich bin religiös.’ Dadurch bin ich auch ein großes Stück gewachsen,” sagt Luna.
Der Dokumentarfilm von Bartsch und Podjavorsek zeigt, dass das Neuheidentum in Deutschland vielfältig ist und sich sowohl von der christlich-jüdischen Tradition als auch von rechten Ideologien abgrenzt. Es bleibt jedoch eine Herausforderung, die Vorurteile und Assoziationen mit dem rechts-völkischen Gedankengut zu überwinden.