Von alten Göttern zu neuer Akzeptanz
Die Bewegung der Ásatrúar hat in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung gewonnen. Diese neopaganistische Religion, die auf den Glauben an die alten germanischen Götter basiert, hat sich erfolgreich von rassistischen und rechtsextremen Gruppen distanziert und ein entspannteres Verhältnis zu den christlichen Kirchen entwickelt.
Ein zentraler Ritus der Ásatrúar ist das Julritual zur Wintersonnenwende. Mit dem Gebet “Hammer im Norden, Hammer im Osten…” weihen sie ihre Heiligtümer und rufen die Götter und Geister an. Diese Praktiken spiegeln die Verbundenheit mit der Natur wider, die für viele Anhänger dieser Religion essentiell ist.
Der Begriff Ásatrú, der im 19. Jahrhundert in Skandinavien entstand, bedeutet “Treue zu den Asen”, einer Gruppe von Göttern, die in der altisländischen Edda beschrieben werden. Diese Götter leben im Himmelreich Asgard, im Gegensatz zu Midgard, der Welt der Menschen.
Ásatrú ist eine von mehreren neuheidnischen Bewegungen, die in den letzten Jahrzehnten entstanden sind. Im Gegensatz zu anderen neuheidnischen Strömungen wie Schamanismus und Neue Hexen sehen sich die Ásatrúar als Bewahrer uralter Überlieferungen. Sie betonen die Mystik einer beseelten Natur, erfahrungsintensive Rituale und größte individuelle Freiheit in religiösen Dingen.
Während das Christentum oft als Kontrastpunkt dient, versuchen die Ásatrúar, die germanischen Götterwelten des Frühmittelalters wiederzubeleben. Dies hat zur Folge, dass sie sich sowohl von exotischen Traditionen als auch von christlichen Überzeugungen abgrenzen.
Die Ásatrú-Bewegung hat Anhänger in Skandinavien, Großbritannien, Deutschland, den Niederlanden, den USA und Australien. In Island, wo die Bewegung besonders stark ist, gibt es seit 2003 einen eigenen Tempel. Offiziell zählt Island etwa 4000 Ásatrúar auf 300.000 Einwohner. Weltweit schätzen Experten die Zahl der Anhänger auf maximal 20.000.
In Deutschland sind die meisten Ásatrú-Gruppen als Vereine organisiert, wie der Eldaring mit 350 Mitgliedern. Die Szene ist vielfältig, von regelmäßigen Praktizierenden bis zu Menschen, die nur gelegentlich an Ritualen teilnehmen.
Eine Herausforderung für die Ásatrúar ist die Abgrenzung von rechtsextremen Gruppen. In den 1980er Jahren waren einige germanisch-heidnische Kleingruppen offen neonazistisch. Moderne Ásatrúar haben sich jedoch klar gegen Rassismus positioniert. Sie betonen die ethnische Offenheit und die spirituelle Integration neuer Mitglieder unabhängig von deren Herkunft.
Die Bewegung hat auch in den letzten Jahren Fortschritte im interreligiösen Dialog gemacht. Viele Ásatrúar haben ein entspannteres Verhältnis zu den christlichen Kirchen entwickelt und nehmen an interreligiösen Veranstaltungen teil.
Die Ásatrúar sind somit ein Teil der vielreligiösen Gesellschaft in Deutschland und weltweit geworden. Ob diese Bewegung von Dauer sein wird, ist unklar, aber sie wächst und entwickelt sich weiter.