Behörden entfernen 630 Ortsnamen und tilgen kulturelle Verweise
In der chinesischen Region Xinjiang entfernen die Behörden systematisch Ortsnamen, die auf die Kultur der Uiguren und anderer ethnischer Minderheiten verweisen. Ein Bericht von Human Rights Watch dokumentiert die Umbenennung von etwa 630 Dörfern.
Experten untersuchten die Namen von 25.000 Dörfern in Xinjiang, die zwischen 2009 und 2023 vom nationalen Büro für Statistik in China gelistet wurden. Wörter wie „dutar“ (ein traditionelles uigurisches Musikinstrument) und „mazar“ (ein Schrein) wurden aus den Namen entfernt und durch Begriffe wie „Glück“, „Einheit“ und „Harmonie“ ersetzt.
In Xinjiang leben etwa elf Millionen Uiguren und Angehörige anderer ethnischer Minderheiten. Menschenrechtsorganisationen und mehrere Staaten werfen China seit Jahren vor, die muslimischen Uiguren brutal zu unterdrücken. Hunderttausende von ihnen werden in sogenannten Umerziehungslagern festgehalten, wo sie gezwungen werden, ihre kulturelle Identität, Religion und Sprache aufzugeben.
China bezeichnet diese Lager beschönigend als „Bildungszentren“ und rechtfertigt das Vorgehen mit der angeblichen Verhinderung islamischer Radikalisierung. Seit 2017 führt die chinesische Regierung eine Assimilierungskampagne durch, die Massenverhaftungen, politische Indoktrination, Familientrennungen und Zwangsarbeit umfasst.
„Diese Umbenennungen sind Teil der Bemühungen der chinesischen Regierung, die islamische Kultur mit Terrorismus gleichzusetzen“, sagte Elaine Pearson, Direktorin der Asien-Abteilung von Human Rights Watch. „Alles, was islamisch oder arabisch klingt, wird als Bedrohung angesehen und daher umbenannt.“
Rayhan Asat, eine uigurische Menschenrechtsanwältin, kritisierte die Namensänderungen scharf:
„Die Namen der Dörfer sind nicht nur historische Aufzeichnungen, sondern verkörpern auch die kulturellen Werte und die Gemeinschaftsbindung. Die staatlich erzwungene Ersetzung zielt darauf ab, die Uiguren von ihrer Geschichte, Kultur und Zivilisation zu trennen.“
Die Umbenennungspraxis ist nicht auf Xinjiang beschränkt. Bereits in Tibet wurden ähnliche Maßnahmen durchgeführt. Seit 2017 vergibt die Regierung offizielle chinesische Namen für Orte im umstrittenen Himalaya-Gebiet Arunachal Pradesh.
Seit dem Beginn der „Strike Hard“-Kampagne gegen uigurische und andere türkisch-muslimische Gemeinschaften im Jahr 2014 wurden Millionen von Menschen willkürlich in Umerziehungslagern und Gefängnissen festgehalten. Religiöse Handlungen wie das Tragen eines Bartes oder das Lesen des Korans wurden kriminalisiert. Zudem gibt es Berichte über Zwangsarbeit, soziale Umerziehung, Folter, erzwungenes Verschwindenlassen und Zwangssterilisationen.
Im Jahr 2021 erklärte Human Rights Watch, dass die chinesische Regierung Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen habe. 2022 bestätigte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte lang andauernde Menschenrechtsverletzungen, die möglicherweise Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen. Einige Regierungen bezeichnen die chinesischen Maßnahmen als Genozid. China bestreitet diese Vorwürfe und behauptet, seine Politik in Xinjiang diene der Terrorismusbekämpfung.