Rücktrittsforderungen wegen Missbrauchsskandal in Hannoverscher Landeskirche

Betroffene fordern Konsequenzen und klagen über Ignoranz der Kirchenleitung

Die Hannoversche Landeskirche steht wegen ihres skandalösen Umgangs mit Betroffenen sexuellen Missbrauchs massiv unter Beschuss. Insbesondere Landesbischof Ralf Meister wird scharf kritisiert. Zum zweiten Mal in wenigen Monaten werden Rücktrittsforderungen gegen ihn lauten, da Betroffene in seiner Landeskirche nicht ernst genommen werden.

Die Opfer berichten einstimmig, dass die Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt seit 2018 unprofessionell und unsensibel agiert. Trotz wiederholter Hinweise an Bischof Meister sei nichts geschehen. Nach Monaten des Schweigens erhielten sie lediglich eine E-Mail mit der lapidaren Auskunft, der Bischof habe „durchschnittlich 2000 Termine“ jährlich und könne sich daher nicht um Missbrauchsopfer kümmern.

Auf der jüngsten Landessynode verteidigte sich Meister mit den Worten:

„Ich leite nicht das Landeskirchenamt. Es ist unmöglich, alle Vorgänge zu kennen.“

Diese Aussage zeugt von eklatanter Ignoranz und mangelnder Sensibilität gegenüber den Opfern.

Meister weigert sich zurückzutreten und behauptet, seine Versäumnisse rechtfertigten keinen Rücktritt. Die Entlassung würde die Kirche in „institutionelles Chaos“ stürzen. Diese Ausrede ist widersprüchlich: Einerseits sei er nicht verantwortlich, andererseits würde sein Rücktritt Chaos verursachen.

Doch Meister ist nicht allein. Die gesamte Führungsriege der Landeskirche stellt sich schützend vor ihn. Obwohl sie zugeben, dass Betroffene in den letzten Jahren schlimm behandelt wurden, übernimmt niemand Verantwortung. Dieses Verhalten wird in der Missbrauchsstudie der evangelischen Kirche als „Verantwortungsdiffusion“ bezeichnet.

Die Landessynode hat einige Maßnahmen beschlossen: Die Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt soll personell verstärkt werden, die Zuständigkeit für die Missbrauchsbekämpfung wird auf den Präsidenten des Landeskirchenamtes übertragen und es soll mehr Geld bereitgestellt werden.

Zusätzlich fordern 200 Pastorinnen, Pastoren und Mitarbeitende der Kirche einen echten Kulturwandel. In einem mutigen Brief an die Kirchenleitung verlangten sie tiefgreifende Veränderungen. Auch Meister versprach diesen Kulturwandel und sagte, dass es keine Predigt und keine Fürbitte mehr ohne Bezug auf die Missbrauchsopfer erfolgen werde.

Doch Betroffene fragen: Ist das wirklich der geforderte Kulturwandel? Sind sie nur noch Gegenstand von Predigten und Fürbitten? Was sie wirklich brauchen, ist echte Verantwortungsübernahme und eine offene Streitkultur. Die Kirche muss endlich akzeptieren, dass einige Betroffene keine Versöhnung und keine Gebete wollen, sondern einen professionellen Umgang mit ihrer Geschichte verlangen.

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