„Meet a Jew“ Programm gefragt wie nie

Programm zur Förderung von Toleranz und Verständnis stößt auf große Resonanz

Das im Jahr 2020 initiierte Programm „Meet a Jew“ hat seit dem 7. Oktober eine erhöhte Nachfrage erfahren. Das durch das Bundesfamilienministerium im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben“ geförderte Projekt steht unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten. Ziel des Programms ist es, durch persönliche Begegnungen Vorurteile abzubauen und ein differenziertes Bild des Judentums zu vermitteln.

„Eine Begegnung kann mehr bewirken als tausend Bücher“, sagt Marat Schlafstein, einer der Initiatoren.

„Meet a Jew“ wird hauptsächlich durch den Zentralrat der Juden und das Bundesfamilienministerium finanziert, mit Unterstützung der Länder Baden-Württemberg und Berlin. Zum Ende der Förderperiode im Dezember 2024 ist das Ziel, dass alle 16 Bundesländer an der Finanzierung teilnehmen. Derzeit engagieren sich über 550 Freiwillige zwischen 14 und 85 Jahren. Die Teilnehmer gehen in Tandems, die bewusst konträr zusammengestellt werden, um die Vielfalt des Judentums zu repräsentieren.

Ein zentrales Anliegen des Programms ist es, stereotype Wahrnehmungen von Juden aufzubrechen. Statt Experten werden Freiwillige mit unterschiedlichen Geschichten geschickt. Oftmals geht es in den Begegnungen um alltägliche Themen wie Sport oder Essensrezepte. Koschere Speisen werden oft mitgebracht, um alle Sinne anzusprechen. Die Freiwilligen durchlaufen ein intensives Training, das sie auf die Treffen vorbereitet und sie auf eine Entdeckungsreise zu ihrer eigenen jüdischen Identität schickt.

Seit 2020 wurden rund 2600 Begegnungen durchgeführt, die 65.000 Menschen erreicht haben. Die Veranstaltungen finden überwiegend in Schulklassen (etwa 70 Prozent), aber auch in Universitäten, Sportvereinen und im digitalen Raum statt. Eine gute Vorbereitung und Nachbereitung der Gruppen sind essenziell, um die Nachhaltigkeit der Begegnungen zu gewährleisten.

Die jüngsten Ereignisse vom 7. Oktober haben das Programm stark beeinflusst. Sabena Donath betont, dass dieser Tag ein einschneidendes Erlebnis für die jüdische Gemeinschaft wäre und antisemitische Gewalt sichtbar gemacht habe. Die Nachfrage nach Begegnungen ist seitdem um 50 Prozent gestiegen. Allerdings kann nicht jede Anfrage erfüllt werden.

„Wir prüfen genau, in welchem Kontext die Begegnung stattfinden soll und ob sie sicher für unsere Ehrenamtlichen ist“, so Schlafstein.

Eine Fachtagung in Frankfurt zog über 150 Teilnehmer an, darunter Antisemitismus-Beauftragte, Kirchen-Beauftragte, Lehrkräfte und Sozialarbeiter. Das Interesse zeigt, wie dringend nach Ansätzen zur Bekämpfung von Antisemitismus gesucht wird. Donath betont, dass es nicht ausreicht, nur Bildungsansätze zu verfolgen. Es müsse sichergestellt werden, dass Schulen und Universitäten einen antisemitismusfreien Raum bieten.

„Meet a Jew“ versteht sich nicht als Allheilmittel, sondern als Baustein in der Antisemitismusprävention. Die Teilnehmer der Begegnungen sollen in der Lage sein, Stereotypen zu hinterfragen und vorurteilsfreier gegenüber anderen Minderheiten zu sein. Das Programm hat einen doppelten Effekt: Es fördert nicht nur die Toleranz der Teilnehmer, sondern stärkt auch die jüdische Identität der Freiwilligen.

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