Warum staatlich kontrollierter Islamunterricht das Potenzial hat, die Gesellschaft zu stärken.
In Deutschland leben laut der Studie „Muslimisches Leben in Deutschland 2020“ des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zwischen 5,3 und 5,6 Millionen Muslime. Diese machen über sechs Prozent der Bevölkerung aus und sind ein fester Bestandteil der deutschen Gesellschaft. Doch das Thema Islam in deutschen Schulen bleibt kontrovers. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Stefan Düll, plädiert für Islamunterricht unter staatlicher Aufsicht, um muslimische Schüler vor extremistischen Einflüssen zu schützen und gleichzeitig eine aufgeklärte religiöse Bildung zu gewährleisten.
Der Ruf nach staatlich kontrolliertem Unterricht
Düll betont, dass viele muslimische Eltern sich Sorgen über die Qualität und die vermittelten Werte von außerschulischen islamischen Angeboten machen. Ein staatlich organisierter Islamunterricht könnte hier Abhilfe schaffen, indem er den Kindern eine fundierte religiöse Bildung bietet und gleichzeitig die Prinzipien des Grundgesetzes respektiert. Dies wäre ein wichtiger Schritt, um islamistische Tendenzen zu verhindern und die Integration muslimischer Kinder in die deutsche Gesellschaft zu fördern.
Demokratische Werte als Grundlage
Ein entscheidender Punkt ist laut Düll, dass die Lehrer:innen, die diesen Unterricht übernehmen, überzeugte Demokraten sein müssen. Dies stellt sicher, dass die vermittelten Inhalte mit den Werten einer demokratischen Gesellschaft übereinstimmen und extremistische Ideologien keinen Platz im Klassenzimmer finden. Diese Lehrer:innen könnten dazu beitragen, ein aufgeklärtes Islambild zu verbreiten und Vorurteile abzubauen, indem sie den Islam als normalen Teil der deutschen Gesellschaft darstellen.
Die Bedeutung einer staatlichen Kontrolle
Im Vergleich zum Religionsunterricht für katholische und evangelische Schüler gibt es im Islam keine zentralen Ansprechpartner oder Institutionen, die eine standardisierte Ausbildung der Lehrer(innen) übernehmen könnten. Daher ist eine staatliche Kontrolle umso wichtiger, um die Qualität und Neutralität des Unterrichts sicherzustellen. Dies könnte auch verhindern, dass ausländische Einflüsse, etwa aus der Türkei oder dem Iran, den Lehrplan dominieren.
Integration durch gemeinsames Lernen und Feiern
Düll schlägt vor, dass gemeinsame religiöse Feiern in Schulen den Weg des gegenseitigen Kennenlernens ebnen könnten. Dies könnte dazu beitragen, das Verständnis und den Respekt zwischen Schüler(innen) unterschiedlicher religiöser Hintergründe zu fördern und Vorurteile abzubauen. Solche Initiativen würden nicht nur die Integration muslimischer Studierenden unterstützen, sondern auch das Bewusstsein für die Vielfalt der deutschen Gesellschaft stärken.
Kritische Stimmen und alternative Perspektiven
Die Soziologin Necla Kelek hingegen warnt davor, Kinder zu früh mit religiösen Themen zu überwältigen. Sie fordert, dass Kinder bis zum Alter von 14 Jahren in der Schule vor religiöser Indoktrination geschützt werden sollten. Ihrer Meinung nach sollte der Fokus in den Schulen auf der Vermittlung von Freiheit und individueller Bildung liegen, um den Kindern die Möglichkeit zu geben, ein eigenständiges Leben aufzubauen. Kelek kritisiert auch religiös begründete Ausnahmen, wie den Verzicht auf Sportunterricht während des Ramadan oder das Ablehnen von Sitzplätzen neben Mitschüler:innen, die Schweinefleisch essen.
Die Einführung von Islamunterricht unter staatlicher Aufsicht in deutschen Schulen könnte ein bedeutender Schritt sein, um muslimische Schüler(innen) vor extremistischen Einflüssen zu schützen und gleichzeitig ihre Integration in die Gesellschaft zu fördern. Es gilt jedoch, eine Balance zu finden zwischen der Vermittlung religiöser Inhalte und der Wahrung der individuellen Freiheiten der Kinder. Ein solches Bildungsangebot könnte nicht nur das Verständnis und den Respekt zwischen den Kulturen stärken, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur Prävention von Extremismus leisten.