Schweiz sagt Nein zu Lampedusa-Flüchtlingen: Ein Schlag gegen die EU?

Die Schweiz verpasst eine Chance, die Beziehungen zur EU zu stärken.

Die Schweiz steht vor einer brisanten Entscheidung, die nicht nur die Beziehungen zur EU, sondern auch ihre moralische Verantwortung in Frage stellt. In den letzten Wochen haben Tausende von Menschen auf der italienischen Insel Lampedusa Zuflucht gesucht, und der Zustrom reißt nicht ab. Italien, überfordert und überlastet, sucht dringend nach Lösungen, um die Menschen auf andere europäische Länder zu verteilen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warnt eindringlich vor den Folgen eines mangelnden Zusammenhalts: “Nur durch Solidarität und Einigkeit können wir diese Herausforderung bewältigen.” Die Einwanderung ist zweifellos ein europäisches Problem, und die Lösung erfordert eine gemeinsame Anstrengung aller Mitgliedsstaaten.

Kürzlich haben Vertreter von von der Leyen die Schweiz darum gebeten, freiwillig Flüchtlinge aus Lampedusa aufzunehmen. Doch die Schweizer Bundesregierung zeigt sich vorerst wenig kooperativ. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) zitiert die Bitte der EU und antwortet kühl: “Das ist derzeit nicht geplant.” Es bleibt abzuwarten, ob und wann eine formelle Antwort folgen wird.

Der Kern dieses Streits liegt darin, dass Italien das Dublin-Abkommen außer Kraft gesetzt hat, was bedeutet, dass es keine Flüchtlinge mehr von der Schweiz zurücknehmen wird, die zuerst in Italien registriert wurden. Laut der “SonntagsZeitung” sind derzeit 293 solcher Personen in der Schweiz in einem Verfahren. Diese Haltung sorgt nicht nur innerhalb des Landes, sondern auch auf europäischer Ebene für hitzige Diskussionen. In den kommenden Monaten und Jahren muss die Schweiz sich mit der EU auf die Gestaltung ihrer zukünftigen Beziehungen einigen.

Die Frage ist, ob dieses voraussichtliche Nein aus Bern den Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU schaden wird. Der SP-Nationalrat Fabian Molina glaubt, dass dies eine vergebene Chance ist, die Beziehungen zur EU zu stärken. Bereits die Bereitschaft zum Dialog würde der Schweiz in den Verhandlungen sicherlich helfen. Schließlich hat sich die Schweiz immer für eine faire Verteilung der Verantwortung eingesetzt. Es wäre daher nur konsequent, sich an einer Umverteilung zu beteiligen, argumentiert Molina.

Die FDP-Außenpolitiker Hans-Peter Portmann schließt auch Konsequenzen eines möglichen Neins nicht aus. Allerdings bezeichnet er es als höchst bedauerlich, sollte die EU versuchen, der Schweiz diese Entscheidung in den Verhandlungen nachteilig auszulegen. Er sieht die Absage als gerechtfertigt an und fürchtet keine schwerwiegenden Konsequenzen, da Frankreich und Deutschland eine ähnliche Haltung wie die Schweiz vertreten.

Die Schweiz steht vor einer heiklen Entscheidung, die nicht nur politische Auswirkungen haben wird, sondern auch ihre moralische Verantwortung in der Flüchtlingskrise unterstreicht. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Angelegenheit auf die Beziehungen zur EU und auf die langfristige Position der Schweiz in Europa auswirken wird.

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