Katholikentag 2024 in Erfurt: Die Kirche in der Krise

Eröffnung des 103. Deutschen Katholikentags unter dem Motto “Zukunft hat der Mensch des Friedens”

Am Mittwoch beginnt der 103. Deutsche Katholikentag in Erfurt. Zwischen Augustinerkloster und Krämerbrücke, zwischen Dom und Reglerkirche werden bis Sonntag rund 20.000 Besucher erwartet. Doch während das Ereignis die Bedeutung des Friedens betont, steht die katholische Kirche in Deutschland vor massiven Herausforderungen.

Im Superwahljahr 2024 wird viel Politprominenz erwartet. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck werden anwesend sein. Aber trotz hochrangiger Gäste und Diskussionsforen zu aktuellen Themen wie dem Krieg in der Ukraine und der Flüchtlingssituation steht eine drängende Frage im Raum: Hat die katholische Kirche in Deutschland noch eine Zukunft?

Der Missbrauchsskandal und der daraus resultierende Vertrauensverlust haben zu einem massiven Mitgliederschwund geführt. Die Kirchensteuereinnahmen sinken, und immer weniger junge Männer möchten Priester werden. Selbst traditionelle katholische Hochburgen wie das Rheinland erleben einen Rückgang. Wird die katholische Kirche bald überall so irrelevant sein wie im Osten Deutschlands?

Georg Bätzing, Bischof von Limburg und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, prognostiziert in einem aktuellen Interviewbuch erhebliche Auseinandersetzungen und Kämpfe um Prioritäten.

“Vieles, was wir bislang geleistet haben, auch für die Gesellschaft, für den Zusammenhalt der Kulturen und für das Ansehen der Kirche, werden wir in Zukunft nicht mehr leisten können”, erklärte Bätzing.

Die Kirche müsse sich stärker auf die Wirksamkeit ihrer Aktivitäten konzentrieren und die Mittel effizienter einsetzen.

Seit 2019 diskutieren die deutschen Katholiken im Rahmen des “Synodalen Wegs” über Reformen. Doch echte Veränderungen sind rar. Gleichgeschlechtliche Paare dürfen gesegnet werden, jedoch nicht in einem offiziellen Gottesdienst. Der Wunsch nach dem Diakonenamt oder dem Priesteramt für Frauen wurde von Papst Franziskus entschieden abgelehnt.

Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller fasst die Lage drastisch zusammen:

“Die Kirche ist im freien Fall.”

Das Vertrauen in die Kirche sei “offenkundig erodiert”, und der Katholizismus in Deutschland sei in isolierte Gruppen zersplittert.

Ein zentrales Thema bleibt die Aufarbeitung der Missbrauchsskandale. Trotz Fortschritten in der Prävention bleiben viele Forderungen der Betroffenen, insbesondere hinsichtlich der Entschädigungszahlungen, unerfüllt. Immer wieder sorgt der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki für Negativschlagzeilen im Zusammenhang mit der Aufarbeitung und Verantwortlichkeit des Skandals.

Die Veranstaltung “Wir schaffen das – nicht” beim Katholikentag spiegelt diese Herausforderungen wider. Schüller betont jedoch, dass der Katholikentag eine wichtige Plattform für Dialog sein kann.

“Es gibt kaum noch gesellschaftliche Orte, wo sich Menschen begegnen, Meinungen austauschen und sich nicht digital im Internet beschimpfen”, sagte er.

Für viele Teilnehmer bietet der Katholikentag die Gelegenheit, Gemeinschaft zu erleben und ihre spirituelle Identität zu stärken.

Inmitten all dieser Krisen ist der Katholikentag 2024 ein Prüfstein für die Zukunftsfähigkeit der katholischen Kirche in Deutschland.

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