Ein Kenner des Islams schweigt angesichts einer toxischen Debatte, die ins wahre Leben eindringt.
Bei Journalisten kommt es nicht selten vor, dass die Grenze zwischen Berichterstattung und persönlicher Sicherheit verschwimmt. Für den renommierten deutschen Journalisten und “Tagesschau”-Sprecher Constantin Schreiber ist dieser Moment gekommen: In einem Interview mit der “Zeit” verkündete er, dass er sich nie wieder zum Thema Islam äußern werde. Dies mag auf den ersten Blick wie ein radikaler Schritt erscheinen, doch Schreibers Beweggründe sind verständlich, wenn man seine jüngsten Erfahrungen betrachtet.
Am 29. August dieses Jahres wurde Schreiber während einer Podiumsdiskussion an der Universität Jena von einem linken Aktivisten mit einer Sahnetorte im Gesicht attackiert. Das Publikum verurteilte den Angreifer, doch weder die Universitätsvertreter noch der Moderator griffen ein. Schreiber fühlte sich hintergangen, da die Universität bereits im Voraus von den geplanten Protesten wusste.
Schreiber, der Experte für den Islam und die arabische Welt, ist kein Unbekannter in der Medienlandschaft. Seine jahrelange Arbeit als Reporter in Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas hat ihn mit den komplexen Themen dieser Region vertraut gemacht. Doch die toxischen Diskussionen und Bedrohungen, denen er ausgesetzt war, trieben ihn dazu, sich zurückzuziehen. Er erklärte, er könne die Negativität nicht mehr in seinem Leben ertragen.
Die öffentliche Solidarität für Schreiber kam, aber sie war begrenzt. Einige Politiker und Persönlichkeiten verurteilten die Hass und Gewalt gegen ihn, doch es war nicht genug, um die tieferliegenden Probleme anzugehen. Der Islamismuskritiker Ahmad Mansour betonte, dass die Cancel Culture und die Diffamierungen konstruktive Diskussionen behindern. Die Solidarität wurde oft nur gezeigt, wenn Gleichgesinnte bedroht waren.
Schreiber ist nicht der einzige, der die Auswirkungen dieser neuen Diskussionskultur gespürt hat. Die Frankfurter Ethnologin Susanne Schröter wurde ebenfalls angefeindet und diffamiert, nachdem sie an einer Konferenz teilgenommen hatte, die sich mit dem Thema Migration und Pluralität beschäftigte. Die Meinungsfreiheit schien in diesen Fällen zu erodieren, und die Diskussionen wurden von Hass und Vorurteilen überschattet.
Der Torten-Angriff auf Schreiber war kein isolierter Vorfall, sondern das jüngste Beispiel einer gefährlichen Entwicklung. Journalisten, die kritisch über kontroverse Themen berichten, werden zunehmend zur Zielscheibe von Anfeindungen und Gewalt. Schreiber hat sich aus diesem Grund entschieden, sich zurückzuziehen und seine Stimme nicht mehr zu erheben.
Seine Entscheidung wirft Fragen auf über die Zukunft des Journalismus und die Fähigkeit der Medien, in einer Welt, in der Hass und Gewalt die Diskussionen dominieren, eine konstruktive Rolle zu spielen. Schreiber sieht seine Geschichte nicht als Metapher dafür, was die Berichterstattung nicht darf, sondern dafür, was sie nicht schafft. Ob der Journalismus in der Lage ist, in dieser toxischen Umgebung noch eine konstruktive Rolle zu spielen?