Der Sonntagsgottesdienst: unverzichtbar und bedeutungsvoll

Pfarrerin fordert Abschaffung des Sonntagsgottesdienstes – Theologe widerspricht energisch

Der Sonntagsgottesdienst: unverzichtbar und bedeutungsvoll

Die Forderung von Pfarrerin Hanna Jacobs, den traditionellen Sonntagsgottesdienst abzuschaffen, hat für Aufregung gesorgt. Jacobs sieht die Veranstaltung als überholt an und möchte die Ressourcen der Kirchen sinnvoller nutzen. Karl Friedrich Ulrichs, ein renommierter Theologe, widerspricht vehement und nennt diesen Vorschlag ignorant gegenüber den Gläubigen.

“Ich spüre in ihren Zeilen eine gewisse Ignoranz gegenüber der Liebe und der Erwartung, mit der Menschen zu den 16.000 Sonntagsgottesdiensten in Deutschland gehen”, so Ulrichs.

Tatsächlich nehmen jeden Sonntag etwa 700.000 Menschen an evangelischen Gottesdiensten teil, während weitere 800.000 im Fernsehen verfolgen. Für viele ist dieser gottesdienstliche Tag tief im kulturellen Gedächtnis verankert.

Die Pfarrerin argumentiert, dass der Sonntagsgottesdienst aus der Zeit gefallen sei. Sie plädiert für neue, attraktivere Formen geistlicher Angebote. Der Theologe hingegen betont, dass der Gottesdienst eine biblische Tradition hat und die ersten christlichen Gemeinden bereits “am ersten Tag der Woche” zusammenkamen. Er warnt davor, die Bedeutung dieses Tages zu unterschätzen.

Ulrichs verweist auf die tief verwurzelte Bedeutung des Sonntagsgottesdienstes.

“Die Kommunikation des Evangeliums wird keine Einbahnstraße sein: Geistliche verlieren ihr Monologmonopol”, erklärt der Theologe.

Dies zeigt sich bereits in den sogenannten Erprobungsräumen ostdeutscher Landeskirchen, wo Nachbarn an nichtkirchlichen Orten wie Dorfgemeinschaftshäusern zusammenkommen.

Pfarrerin Jacobs schlägt vor, dass neue Gottesdienstformate die Kirche retten könnten. Sie erwähnt den Whisky-Tasting-Gottesdienst als Beispiel, den die Pastorin jedoch selbst als “sehr männlich” wahrnimmt. Ulrichs hebt hervor, dass es auch viele Gemeindemitglieder gibt, die solche Angebote ablehnen, besonders migrantische Christen, die auf den Alkoholkonsum verzichten.

In Ostdeutschland verweigern einige Gemeinden bereits den zwanzigsten hippen Vorschlag und konzentrieren sich auf die Nachfrage der Gemeindeglieder. Hier wird der Gottesdienst oft ohne akademische Hauptamtliche gestaltet.

“Gemeindeglieder sitzen nicht mehr nur ‘unter der Kanzel’, sondern auch am Tisch. Und dieses Möbel des Gesprächs und der Seelsorge – das ist die Verheißung”, stellt Ulrichs fest.

Der Theologe zitiert den Bibelvers, der als Jahreslosung für 2025 ausgewählt wurde: “Alles prüft und das Gute behaltet!” Er verweist auf den Heidelberger Katechismus von 1563, der bereits verschiedene Gottesdienstformen und -zeiten kannte. Die Zukunft des Gottesdienstes könnte in Familien und Freundeskreisen liegen.

Die Evangelische Kirche in Deutschland befragt seit fünfzig Jahren Mitglieder und Nichtmitglieder nach ihren Erwartungen an den Gottesdienst. Die häufigste Antwort ist eine “gute Atmosphäre”. Ulrichs unterstreicht, dass der Sonntagsgottesdienst eine erlebbare Qualität bietet, die nicht durch neue Formate ersetzt werden sollte.

“Der sonntägliche Gottesdienst in der Kirche, im Haus von Chor und Orgel, ist die Gelegenheit für Kirchenmusik; hier können mehr Musikstile integriert werden als beim hochgejazzten Jazz-Gottesdienst”, so Ulrichs.

Die Abschaffung würde im Widerspruch zur angestrebten Diversifizierung des gottesdienstlichen Lebens stehen. Der Sonntagsgottesdienst bleibt ein wesentlicher Bestandteil der kirchlichen Tradition und des kulturellen Erbes.

 

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