Die katholische Kirche in Europa sieht sich einem stetigen Wandel gegenüber. Neben Deutschland verzeichnen auch andere Länder einen drastischen Anstieg von Kirchenaustritten.
Europas Wandel des Glaubens
In keinem anderen europäischen Land hallen die Nachrichten über den Austritt aus der katholischen Kirche so drastisch wider wie in Deutschland. Im Jahr 2022 traten mehr als 520.000 Katholiken aus der Kirche aus, was mehr als zwei Prozent der Kirchenmitglieder ausmacht und einen neuen Höchststand markiert. Doch bedeutet das wirklich, dass Länder wie Italien, Spanien und Irland, die traditionell als besonders katholisch gelten, besser dastehen?
Ein internationaler Vergleich gestaltet sich schwierig. Die Statistiken in Deutschland sind unerbittlich gegenüber den Kirchen und dokumentieren die schwindende kirchliche Bindung der Bevölkerung mit beispielloser Präzision. In anderen Ländern fehlt oft die staatliche Beglaubigung für einen Kirchenaustritt in dieser Form.
In Italien gibt es keine Kirchensteuer wie in Deutschland, jedoch müssen die Steuerzahler 0,8 Prozent ihrer Einkommensteuer entweder an eine Religionsgemeinschaft oder an staatliche soziale und humanitäre Projekte abführen. In den letzten Jahren hat die Bereitschaft dieser Abgabe erheblich abgenommen. Im Jahr 2004 wählten etwa 90 Prozent der Italiener die katholische Kirche, aber nach den neuesten Angaben von 2019 waren es nur noch 72 Prozent. Nur etwa ein Drittel der steuerpflichtigen Italiener entschied sich bewusst, die katholische Kirche finanziell zu unterstützen.
Auch in Spanien nimmt die religiöse Bindung ab. Laut dem staatlichen Meinungsforschungsinstitut IS bezeichnen sich nur noch knapp 19 Prozent der Bevölkerung als praktizierende Katholiken, was drei Prozentpunkte weniger sind als 2019. Weitere 35 Prozent sehen sich als Katholiken, besuchen aber keine Gottesdienste. Seit 2019 gibt es mehr Atheisten, Agnostiker und Nichtgläubige als praktizierende Katholiken.
Die kirchlichen Trauungen in Spanien gehen ebenfalls zurück. Im Jahr 2019 entschieden sich erstmals mehr Paare für eine zivile (50,1 Prozent) als für eine kirchliche Eheschließung. 1970 lag der Anteil der zivilen Eheschließungen noch bei 2,3 Prozent. Dies zeigt, dass die Säkularisierung unabhängig von den Missbrauchsskandalen voranschreitet.
In Irland, das besonders vom Missbrauchsskandal erschüttert wurde, ist der Anteil der katholischen Bevölkerung in wenigen Jahren um zehn Prozentpunkte auf 69 Prozent gesunken. Dennoch ist die Bevölkerungszahl in Irland durch Einwanderung stark gestiegen, und die Zahl der orthodoxen Christen hat sich nahezu verdoppelt.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die katholische Kirche in Europa einem Wandel unterliegt. Die Geschwindigkeit dieses Wandels variiert von Land zu Land, aber Deutschland ist führend in der präzisen Erfassung dieser Veränderungen.